Julia Reichert

Erste Arbeit an Minidramen

 

Die »szenischen Reduktionen und dramatischen Abbreviaturen der Minidramen« kommen der Darstellungsweise auf der Figurentheaterbühne sehr entgegen. »Ein Minidrama«, sagt Karlheinz Braun im Vorwort zu seiner Sammlung 100 Minidramen von 100 Autoren (1987), »ist oft der kürzeste Weg zur Erhellung szenischer Pointe.« Dass das Minidrama, so Braun weiter, »seiner Kürze halber damit rechnen muss, nicht aufgeführt werden zu können«, widerlegt das Kabinetttheater seit 16 Jahren – wir glauben, dass es mit den spielerischen Mitteln des Figurentheaters besonders gut darstellen kann, »was sich auf der Bühne mit darstellerischen Mitteln nicht spielen läßt«. (Braun 1987, S. 10) Die »Wortkargheit« der Objekte, die Notwendigkeit, ihnen einen prägnanten, kurzen Text zu geben, kommt der Knappheit und Reduktion der minidramatischen Texte entgegen – wie auch die im Minidrama oft zu beobachtende Opulenz der Regieanweisungen und damit der bildmetaphorischen Ebene. Karlheinz Braun: »Im MiniDrama entmaterialisiert sich das Theater und gewinnt die absolute Freiheit.« (Braun 1987, S. 10) Puppentheater ist per se «materialisiertes« Theater – einer der ersten dramaturgischen Schritte besteht in der Wahl für die technische Beschaffenheit einer Figur und somit der Art und Weise, wie sie animiert wird.

In: Alexandra Millner (Hg.): Niemand stirbt besser. Theaterleben und Bühnentod im Kabinetttheater. Wien: Sonderzahl 2005, S. 19